Erziehungsziele im Wandel

Was ist uns in der Erziehung heute wichtig? Wird Individualismus wirklich über alles gestellt? Und was ist bloss aus Tugenden wie Pünktlichkeit, Anstand und Ordnung geworden? 

 

Ein Blick in den Generationen-Barometer zeigt einen Vergleich von Erziehungszielen und wie sie sich gewandelt haben. Gegenübergestellt werden Ziele, die uns unsere Eltern mitgegeben haben und Ziele, die wir für unsere Kinder verfolgen.

 

 

 

Ok, die Studie stammt aus dem Jahr 2009, ist also nicht mehr ganz neu. Doch sie hat nichts an Aktualität eingebüsst und zeigt wunderbar auf, wie sich die Erziehungsziele der Eltern verändert haben.

 

Erziehung richtet sich heute deutlich mehr darauf aus, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken, ihre persönlichen Fähigkeiten zu entfalten und sich nicht unterkriegen zu lassen. Dies sind alles wichtige, entwicklungsfördernde Elemente zur Stärkung der Resilienz, also der Widerstandskraft der Kinder. Im Vordergrund stehen dabei folgende Ziele:

  • Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein (bei der Erziehung der heute Erwachsenen wurde dies erst von 42 Prozent der Eltern angestrebt, heute von 89 Prozent der jungen Eltern);
  • Entfaltung der persönlichen Fähigkeiten (einst 35 Prozent, heute 78 Prozent);
  • Durchsetzungsvermögen (einst 42 Prozent, heute 71 Prozent).

Die einst wichtigen Erziehungsziele wie Pünktlichkeit (heute von 68 Prozent der jungen Eltern als Erziehungsziel angestrebt), gutes Benehmen (88 Prozent) und Ordnung (66 Prozent) stehen auch heute noch hoch im Kurs. Die grössten Unterschiede zwischen den Generationen zeigt jedoch die Kategorie „sich in eine Ordnung einfügen, sich anpassen“. 64 Prozent der heutigen Erwachsenen wurde dies von ihren Eltern mitgegeben, während nur 38 Prozent der heutigen Eltern dieser erzieherischen Ausrichtung noch zustimmen und ihre Kinder so erziehen.

 

Hier liegt übrigens meines Erachtens der Knackpunkt zwischen Elternhaus und Schule. Während die Eltern ihre Kinder zu selbstbewussten, kritischen Menschen erziehen wollen, die lernen, sich durchzusetzen und nicht unterkriegen zu lassen, ist die Schule in ihrem heutigen System darauf angewiesen, dass sich die Kinder und Jugendlichen in hohem Mass in eine Ordnung einfügen und anpassen können. 

Wandel in der Eltern-Kind-Beziehung

Dieser Wandel entspricht einem in der Studie deutlich sichtbaren Wandel in der Eltern-Kind-Beziehung. Sie ist heute stark geprägt von Kommunikation und einem partnerschaftlichen Miteinander. Körperliche Strafen treten fast vollständig in den Hintergrund. Gewalt ist für heutige Eltern kein Mittel der Erziehung mehr. Vielmehr geht es ihnen darum, das Selbstwertgefühl, das Selbstbewusstsein und die Entfaltung der Fähigkeiten ihrer Kinder zu fördern. 

 

Damit ist nicht gemeint, dass Eltern ihre Verantwortung als Erziehende abgeben sollen. Entwicklungsfördernd ist eine  Kombination aus Führung und Herzlichkeit. Dies ist auch Kernstück der anleitenden Erziehung, die im Programm Starke Eltern - Starke Kinder® vermittelt wird. Das Programm ist eines meiner Aufgabenfelder bei der Stiftung Kinderschutz Schweiz


Danica Zurbriggen Lehner

3920 Zermatt